Bei jeder Begegnung zwischen Mensch und Mensch finden Wechselwirkungen statt, die sich einstellen, ohne daß wir es wollen oder verhindern können. Neben den bewußten Mitteilungen, die wir uns gegenseitig durch Blicke, Gebärden und Worte machen, laufen sie als unbewußte und selbsttätige Zugaben neben uns her. Diese Wechselwirkungen werden nicht nur gemeinhin übersehen, sie werden auch meist, weil sie „nur“ nebenher gehen, für nebensächlich gehalten.
Zu den Äußerungen, die wir mit unseren Mitmenschen austauschen, gehören aber die unbewußten und unwillkürlichen nicht nur hinzu, sie sind sogar mindestens von gleicher Wichtigkeit. Huebner gelingt es, diese subtil ablaufenden Vorgänge mit meisterhaftem Scharfblick ins Wort zu heben, so daß wir erkennen, warum uns die Gesellschaft mancher so sympathisch ist, wir in ihrer Gegenwart förmlich aufleben, während wir bei anderen an Schwung und Strahlkraft einbüßen müssen. Es ist vor allem die Wesenssumme, die hinter den sichtbaren Ausdrücken der Persönlichkeit liegt, die darüber entscheidet, wie Menschen auf uns wirken, ob als Arznei oder aber als Gift.
ISBN 978-3-87667-271-7
55 Seiten, kartoniert
Friedrich Markus Huebner, geb. 1886 in Dresden, geriet über Heidelberg, wo er 1910 über die psychologischen Auffassungen Paul Bourget promoviert hatte, München, Italien als Dreißigjähriger nach Belgien, wo er im Kriegsdienst für das Auswärtige Amt tätig war. Eine interessante Frucht dieser Tätigkeit ist seine Denkschrift, gewissermaßen adressiert an das Auswärtige Amt der damaligen deutschen Regierung, die unter dem Titel „Weltpolitik mit geistigen Mitteln“ in Leipzig 1920 erschien. In Belgien erwachte neben dem Interesse für die flämische Kunst und Literatur auch sein Interesse für das nördliche Nachbarland, den Niederlanden, dem er zeitlebens eng verbunden blieb. Die niederländische Mentalität hatte es ihm angetan, teilte er später in einem Lebenslauf mit. Zudem war er der Auffassung, daß politische und kulturelle Entwicklungen und Ereignisse von „jenseits des Meeres“ sich, so Huebner, als erstes in den Niederlanden bemerkbar machen. „So erlaubt mir der Verbleib in Holland in geistiger Hinsicht ein vielfach beteiligtes Miterleben der Zeitenwechsel, was dazu beiträgt, daß man rein persönlich aufgeschlossen, rege und spannkräftig bleibt.“
„Technik“ ist für Huebner eher ein Schimpfwort, Natur, Ruhe, Ordnung und das oft nur unterschwellig wahrnehmbare, aber letztlich entscheidende Fluidum im Verkehr der Menschen untereinander waren sein Steckenpferd. (Siehe auch Christian Janssen: „Der Kulturvermittler Friedrich Markus Huebner: Kunst, Literatur und die richtige Lebensführung“. In: Duitse Kroniek 54: „Im Schatten der Literaturgeschichte. Autoren, die keiner mehr kennt? Plädoyer gegen das Vergessen. Hrsg. Von Jattie Enklaar und Hans Ester. Amsterdam und New York, Rodopi 2005, S. 173ff.)
Notizen zum Autoverkehr, zum Einfluß des Fernsehens, zu Ausflüglern, die sich am Straßenrand niederlassen waren Huebners letzte Bemühungen, das rasante, laute Nachkriegsleben durch besinnungsvolle Ratschläge abzubremsen; die entsprechende Schrift mit dem Arbeitstitel „Brot der Stille“ blieb ein Fragment. Auch sein geliebtes Holland war zu dieser Zeit längst auf dem Weg von der beschaulichen Idylle zu einer modernen Industriegesellschaft.
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