Nach dem Ende des sogenannten Dudenprivilegs stellt sich die Frage, wie die deutsche Einheitsorthographie gerettet werden kann. Noch bevor die Neuregelung der Schulorthographie von 1996 in Kraft getreten war, schlugen ihre Urheber "unumgänglich notwendige« Korrekturen vor, die von den Kultusministern zunächst begrüßt, dann jedoch überraschenderweise untersagt wurden. So trat zunächst für die Schulen, nach und nach auch für die Behörden eine bereits als fehlerhaft erkannte Übergangsschreibung in Kraft. Um deren Unzuträglichkeiten auszuweichen, erarbeiteten die Nachrichtenagenturen und einige Zeitungsverlage unterschiedliche Kompromiß-und Alternativentwürfe; "Hausorthographien" -wie man sie im vorigen Jahrhundert gekannt hatte und durch die Einheitsorthographie von 1902 überwunden glaubte -schossen wie Pilze aus dem Boden. Der Dudenverlag bot mit seinem "Praxiswörterbuch" eine weitere nichtamtliche Neuschreibung an. Es erschien eine zweite Generation reformierter Wörterbücher, die trotz erheblicher Abweichungen von der amtlichen Neuregelung den Anspruch erhoben, deren korrekte Auslegung zu sein. Sie konnten sich auf exklusive Beratung durch die zwischenstaatliche Rechtschreibkommission berufen. Unterdessen verweigerten sich fast alle Schriftsteller der Neuregelung, und den Schulbuchverlagen wurde auferlegt, geschützte Autoren nur in der Originalschreibung abzudrucken. Im Juni 2004 endlich beschlossen die Kultusminister eine zwar tiefgreifende, aber keineswegs ausreichende Korrektur des verunglückten Regelwerks. Wenig später kamen ihnen Zweifel, ob das ganze Unternehmen überhaupt noch zu retten sei.
In der vorliegenden Neubearbeitung sind auf Wunsch zahlreicher Benutzer knappe Bedeutungsangaben hinzugefügt, wo es sinnvoll erschien etwa im Umfang der gewohnten Rechtschreibwörterbücher. Das grammatische Geschlecht ist, wo es sich nicht von selbst versteht, durch den Artikel gekennzeichnet. Neu ist auch die reichhaltigere Auswahl von Namen bekannter Persönlichkeiten, mit den Lebensdaten als Zugabe. Dennoch bleibt das Wörterbuch ein orthographisches und kann ein Bedeutungswörterbuch oder gar ein Konversationslexikon nicht ersetzen.
Es versteht sich, daß ein einzelner in verhältnismäßig kurzer Zeit nicht zu vollständiger Übersicht über den wirklich praktizierten Schreibbrauch in allen irgendwie zweifelhaften Fällen gelangen kann. Die computergestützte Nachprüfung an umfangreichen Textsammlungen geht weiter.
Erlangen, im Juli 2004
Th. Ickler
ISBN 3-931155-14-5
579 Seiten, Hardcover
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